Gegen den Strom, Er ist wieder da Teil 2

 GefĂ€llt👍8

 von Mathias Döbbert

Coswig empfÀngt mich mit einem Donnerwetter. 

Ich werde vor Zieleinfahrt von einer Gewitterhusche noch mal ordentlich abgeduscht. Die Aufnahme im Verein ist so freundlich wie der darauffolgende Sonnenschein. Am Abend formiert sich eine Feier auf dem FreigelĂ€nde. WĂ€hrend zunĂ€chst Stimmungskracher wie „Da steht ein Pferd auf dem Flur“ fĂŒr Unterhaltung sorgen,

setzt nach dem Essen ein polyphoner Chorgesang ein.

Den Abschluss des Konzertes habe ich nicht mehr mitbekommen.

 

Die Anzahl der entgegenkommenden Paddler hĂ€lt sich in Grenzen. Drei bis fĂŒnf Kanuten am Tag ist der Schnitt. Bei Griebow treffe ich auf einen Pulk von dicht besetzten Canadiern – SchĂŒler zum Klassenausflug.

Schon von Weitem leuchten ihre knallorangen Schwimmwesten.

 

Das Treffen mit der dicken „Viking Astrid“ hĂ€tte ich gern vermieden. Als sie an mir vorbeifuhr, bildete sich im Buhnenfeld hinter mir in Sekundenschnelle ein gurgelnder Krater.

Durch die VerdrĂ€ngung des Schiffes wurde Wasser massiv abgezogen und strömte anschließend so hart zurĂŒck, dass sich im Flachbereich meterhohe Wellen auftĂŒrmten, die ganze UferbĂŒsche ĂŒberspĂŒlten.

Und es waren nicht einmal Passagiere mit GepĂ€ck an Bord. GlĂŒcklicherweise blieb ich nah der Fahrrinne und konnte die Wellen absurfen. In der Buhne hĂ€tte ich mit Maja keine Chance gehabt.

 

Nicht immer sind kritische Situationen auf dem Wasser unvermeidbar. Bei Belgern z.B. stieß ich auf zwei Idioten in dicken, fetten Motorbooten. Die wollten die Gelegenheit nicht verschenken, um einen Kanuten zu versenken. ZunĂ€chst dĂŒsten sie ungebremst an mir flussaufwĂ€rts vorĂŒber und fanden offenbar Gefallen daran, zu sehen, ob ich mit den Wellen zurande kam. Nach einer Wende vollzogen sie das Manöver noch einmal, nun allerdings in geringerer Entfernung und in kĂŒrzerem Abstand voneinander.

Eine der kurzen und hohen Wellen schwappte dann auch in mein Vorderschiff. Das war natĂŒrlich Ă€rgerlich und unnötig. Als sie zur dritten Attacke ansetzten , griff ich mir die Kamera und fotografierte demonstrative die Kennungen der Raser. Nun waren die Wasser-Rowdies sichtlich verwirrt. Vor der FĂ€hre berieten sie sich kurz und trieben dann lammfromm an mir Richtung Torgau zurĂŒck. Manche Menschen haben enorm viel Power unter der Haube und enorm wenig GrĂŒtze im Hirn.

 

Die Begegnungen mit anderen Wanderpaddlern, ÜbernachtungsgĂ€sten, Anglern und Hundehaltern waren weniger dramatisch und ausnahmslos angenehm. Ein Sportfreund in Riesa gab mir folgenden Tipp mit auf den Weg nach Meißen : „Achte auf eine grĂŒn-weiße SĂ€ule am rechten Ufer. Von da ab wird die Fahrt weniger anstrengend.“ Ich hielt den ganzen Tag vergebens nach einer solchen SĂ€ule Ausschau und einfacher wurde es auch nicht. Aus Trotz suchte ich mir in Meißen das grĂŒn-weißeste Wirtshaus aus und bestellte einen

Weissen in grĂŒnem Glas.

 

Am Samstag, nach fast zwei Wochen ununterbrochenen Paddelns erreichte ich Dresden. An den ElbbrĂŒcken musste ich alle Kraft aufwenden, um gegen die starke Strömung rund um die BrĂŒckenpfeiler anzukĂ€mpfen.

Bis zum anvisierten KC Dresden schaffte ich es nicht mehr. Erschöpft richtete ich mein Nachtlager an einer flachen Badestelle ein. Und der Herr sprach zu mir: „Mathias, willst du nicht mal einen Ruhetag einlegen?

Wie wĂ€r‘s mit Sonntag? Ich hab‘ das auch getan.“ „Ich kann nicht“, antwortete ich. „Ich möchte morgen weiter zur Pillnitzer Insel“. „Dann muss ich wohl dafĂŒr sorgen“, sagte er und hieß mich, mal unter den Canadier zu schauen.

 

Da erblickte ich das Ausmaß der SchĂ€den an Maja und so endete mein Abenteuer am Blauen Wunder von Dresden bei Elbkilometer 49.

 

Bewiesen ist nun, dass eine Reise gegen den Strom, zumindest von Aken nach Dresden möglich ist. Sollten weitere Sportfreunde durch diesen Bericht auf den Geschmack gekommen sein, es einmal selbst auszuprobieren, wĂŒrde mich das freuen. Denn wer ist schon gern der letzte Mohikaner?


Kommentare: 1
  • #1

    Renate Döbbert (Freitag, 12 Juli 2024 18:21)

    Als Deine Mutter erfĂŒllt es mich mit Stolz, dass Du solches Durchhaltevermögen gezeigt hast.
    Gut, dass Du es den Motorboot-Rowdies gezeigt hast, ĂŒber soviel Dummheit kann man nur den Kopf schĂŒtteln.
    Interessant und humorvoll erzĂ€hlt. Wenn Du einmal eine Reise stromabwĂ€rts bis Hamburg machst, wĂŒrden mich Deine Erlebnisse auch interessieren.