GefĂ€lltđ9
 von Mathias Döbbert
Nach knapp 230 Elbekilometern musste ich meine Reise in Dresden vorzeitig abbrechen.Â
Meine nun 30 Jahre alte Begleiterin, Canadierin Maja, wies wohl doch mehr Falten und Risse in der Fassade auf, als sie anfangs zugeben wollte. Nasses Holz, welches sich gefĂ€hrlich zu biegen begann, konnte nicht weiter ignoriert werden. Jetzt hat sie sich eine Auszeit verdient und erhĂ€lt das volle Wellness-Paket, von Schleifmassagen ĂŒber LeinölbĂ€der bis hin zu Harz- und Lackpackung.
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WĂ€hrend meiner Reise hörte ich des Ăfteren: âDie Elbe hinauf paddeln, gegen die Strömung, das ist doch verrĂŒckt.â Ich jedoch finde, es ist lediglich eine Herausforderung, denen sich schon die nordamerikanischen Ureinwohner vor 300 Jahren stellten und im âCanoeâ auf den groĂen Strömen weite Teile des kanadischen Westens erschlossen. Die lĂ€ngste, beschriebene Kanutour erfolgte ĂŒbrigens schon 1968 und erstreckte sich ĂŒber 19.603 Kilometer; ob flussauf oder flussab ist jedoch nicht erwĂ€hnt. Dagegen sind 230 Km nur ein Katzensprung.
FĂŒr mich ist verrĂŒckt, sich an ein StĂŒck dĂŒnne Seide zu binden und dann aus einem Flugzeug zu springen oder sich ein Gummiseil um die Köchel zu schlingen und kopfĂŒber von einer BrĂŒcke zu fallen oder sich im Kajak einen Wasserfall hinab zu stĂŒrzen.
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Eine Wasserwanderung hingegen entschleunigt und man erlebt die Natur sehr viel intensiver, gegen den Strom sogar um einiges mehr. AuĂerdem kenne ich nur wenige (gesunde) Dinge, die belebender wirken als eine gemeisterte Herausforderung.
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Ich möchte hier nicht all die Orte aufzĂ€hlen, die ich passiert habe, denn die kennen wir alle von vorherigen AbwĂ€rtsfahrten zur GenĂŒge. Viel zu sehen von der Landschaft war sowieso nicht, denn wegen des niedrigen Elbepegels bekam man meistens nur Deiche, DĂ€mme, WĂ€lle und (Hochwasserschutz)WĂ€nde zu Gesicht. DafĂŒr gab es reichlich Blickkontakt mit Bibern, Rehen, Wildschweinen und aller Arten von kleinen und groĂen Vögeln, auch wenn diese nur selten lange genug still hielten, um sich fotografieren zu lassen.
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Anders als bei ĂŒblichen Touren wird jedes âAus der Hand legenâ des Paddels mit Wegverlust bestraft. Erbarmungslos schiebt mich die Strömung zurĂŒck auf Anfang. Auf dauerhaften Westwind hoffend, wurde ich herb enttĂ€uscht. Gegenwind aus Ost-SĂŒdost stemmte sich mir zusĂ€tzlich entgegen. Selbst meine RĂŒckenlehne musste ich zeitweise entfernen, denn sie funktionierte wie ein falsch herum gesetztes Segel. Will man unter diesem UmstĂ€nden ein VorwĂ€rtskommen ausmachen, gilt es, sich am nahen Ufer einen Fixpunkt zu suchen, der in Zeitlupe an einem vorbeizieht. Jeden Schotterstein könnte man mitzĂ€hlen, jedes Schilfblatt. Wie schnell ist eigentlich Schneckentempo?
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Das Ein- und Auspacken des GepĂ€cks ist tĂ€glicher Bestandteil der Routine. Am Ende klappt das so gut, dass man meint, man hĂ€tte einige Dinge unterwegs verloren. Das Boot ist perfekt austariert. Bei jedem Paddelschlag neigt sich leicht der SĂŒllrand in die eine oder andere Richtung, je nachdem auf welcher Seite man ansetzt. Das stĂ€ndige Schaukeln ist auch gut gegen die ErmĂŒdung der GesĂ€Ămuskeln.
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Kurz ein Wort zur Hygiene: Waschen am Fluss ist kein Problem. Wasser hat man ja genug. FĂŒrâs ZĂ€hneputzen nutze ich Flaschenwasser. Davon habe ich gut 8 Liter gebunkert. Man will ja auch Trinken und Kochen. Meist kommen pro Tag noch 1-2 ElbebĂ€der und am Abend im gastgebenden Bootshaus eine heiĂe Dusche hinzu. So sauber war ich in meinem Leben noch nie.
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Fortsetzung folgt.
Renate Döbbert (Freitag, 12 Juli 2024 18:06)
Den ersten Teil der Paddeltour stromaufwÀrts fand ich schon sehr nteressant, aber es scheint doch eine rechte Plackerei zu sein. Von Erholung kann eigentlich keine Rede sein.
Trotzdem bin ich froh, dass Du gesund und immer noch munter wieder zu Hause bist.
Martin KGC 65 Weimar (Freitag, 05 Juli 2024 22:02)
NatĂŒrlich kann ich es mir nicht verkneifen meinen Senf auch noch dazu zu geben. Im letzten Jahr hatte ich ja eine Ă€hnliche Idee und bin mit meinem Boot bis nach Coswig gepaddelt,mehr ging nicht (aus ZeitgrĂŒnden undd auch wegen der extremen Hitze damals. Muss aber bestĂ€tigen das stromauf fahren sehr viel Spass macht. Es ist ein vielfach intensiveres kennen lernen eines Flusses. Ich kann es kaum erwarten,in ein paar Wochen ebenfalls auf dieser Strecke unterwegs zu sein. Vorher kommen wir aber noch zum Sommerfest, etwas Elbluft schnappen. bis dahin erst mal viele GrĂŒsse. Petra und Martin Schurz aus Weimar
Karl-Heinz Schulze (Freitag, 05 Juli 2024 10:19)
Hallo Mathias! Wir freuen uns auf die Fortsetzung! Ab heute bist Du nicht mehr Mathias, sondern Robinson!
Viele GrĂŒĂe!
Harry Schwenzel (Donnerstag, 04 Juli 2024 19:21)
Respekt !!!
Immer wieder werden wir ĂŒberrascht, von deinen auĂergewöhnlichen Paddeltouren.
Wer selbst einmal im Paddelboot gesessen hat weiĂ, was das fĂŒr eine Leistung ist, 230Km
stromauf zu paddeln.