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 von Mathias DöbbertÂ
Es ist noch recht zeitig fĂŒr einen Sonntag, als ich mich auf den Weg mache zum Bootshaus. Mit Kaffee in der Thermoskanne und belegtem Brötchen im GepĂ€ck bin ich vorbereitet fĂŒr ein besonderes Ereignis, welches nur ein Mal im Jahr realisiert werden kann â die Befahrung der Mulde mitten durch das Naturschutzgebiet von Raguhn bis Dessau.Â
PĂŒnktlich um Acht erreiche ich das VereinsgelĂ€nde und stelle erstaunt fest, dass alle Boote bereits verladen und verzurrt sind. Anscheinend können es auch die anderen Sportfreunde kaum erwarten, das Abenteuer zu beginnen. Am Raguhner Wehr, dem Ausgangspunkt unserer Tour, wimmelt es vor Kanuten verschiedener Vereine wie in einem Ameisenhaufen. Kajaks und Canadier werden geschleppt, AusrĂŒstungen ĂŒberprĂŒft, alte Bekannte begrĂŒĂt und ein Gruppenfoto geknipst. Als unsere Fahrer eintreffen und sich die Uferzone kurz lichtet, sind wir dran. Der Einstieg im flachen Wasser abseits aller Stege will geĂŒbt sein. Noch 1-2 AnschĂŒbe und alle 20 Akener Teilnehmer schwimmen von dannen.
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Das Tosen der vom Wehr herabstĂŒrzenden Wassermassen erlischt schon nach der ersten Biegung und ich genieĂe die himmlische Ruhe. Die Mulde ist heute extrem flach. Der âSupersommerâ 2023 hat nicht nur den Elbespiegel auf rekordverdĂ€chtige TiefstĂ€nde sinken lassen. Alle Nase lang gilt es, groĂen Steinen und BaumstĂ€mmen auszuweichen. TĂŒckische Kies-und KieselsteinbĂ€nke sind zu umschiffen. Trotzdem gelingt es heute kaum jemandem, ohne GrundberĂŒhrung durchzukommen. Manchmal muss man eben aussteigen, ziehen, schieben oder staken. Es ist die unberĂŒhrte, urige Natur, die den Reiz dieser Fahrt ausmacht.
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Sandige Uferböschungen sind von Bruthöhlen der Uferschwalben durchlöchert. Die Behausungen sind bereits leer, denn die Zugvögel sind seit August auf dem Weg nach Zentral- und Nordwestafrika, einige sogar nach SĂŒdamerika. Ein Eisvogel taucht urplötzlich auf. Sein metallic-blaues Gefieder hat ihn verraten. Noch ehe ich mein Fotohandy zĂŒcken kann, ist er hinter dem nĂ€chsten Busch verschwunden. Viel Zeit fĂŒr Beobachtungen bleibt allerdings nicht. Immer wieder gleitet mein prĂŒfender Blick ĂŒber die Fluss-OberflĂ€che auf der Suche nach Wasserwirbeln, welche Flachstellen oder versteckte Hindernisse ankĂŒndigen.
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Es folgt Windung um Windung und mal wird Flachstellen backbords, mal steuerbords ausgewichen. Die Sonnen hat sich zu dauerhaftem Erscheinen durchgerungen, taucht die Umgebung in ein freundliches Licht und ich frage mich, ob ich die Sonnencreme statt der Regenjacke hÀtte einpacken sollen.
Gegen Mittag erreichen wir Dessau und unser anvisiertes Ziel, die GaststĂ€tte an der Mulde-FuĂgĂ€ngerbrĂŒcke. Hier wird nun ausgiebig getafelt mit voller Mannschaft. Der AuĂenbereich scheint heute ausschlieĂlich von Kanuten bevölkert. Der Andrang war wohl besonders heftig, denn erst nach zweieinhalb Stunden kann eine kleine Gruppe Enthusiasten die Wanderung in ihren Kanus fortsetzen, wĂ€hrend die ĂŒbrigen Teilnehmer wohlgeordnet in PKWs die Heimreise antreten.
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Wir folgen der Mulde Richtung MĂŒndung, doch der Fluss scheint kein Ende zu nehmen. An der Jonitzer WassermĂŒhle mĂŒssen wir umtragen und die Boote einen steilen Hang hinaufwuchten. Endlich erreichen wir die Elbe und das Kiesbettschubbern hat ein Ende. WĂ€hrend Dennis und Daniel zielstrebig ihrem Kilometererfolg zustreben, legen Ralf und Yvonne noch ein PĂ€uschen in den Dessauer Sandbuhnen ein. Ich verfalle in Paddelmonotonie und spĂŒre, wie die KrĂ€fte allmĂ€hlich schwinden und das Sitzfleisch sich zunehmend abnutzt. Jetzt nur nicht anhalten! Mit der Strömung im Nacken erreiche ich den langersehnten Bootssteg noch im Hellen, geschafft, aber stolz, es gerockt zu haben.
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Die Muldefahrt hat mir körperlich Einiges abverlangt. Dennoch bin ich der Faszination dieser Strecke wieder einmal erlegen. NÀchstes Jahr muss ich neu entscheiden, ob ich die Mini- oder die Maxivariante auswÀhle.
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*Fotos: Mathias Döbbert*
Martin Schurz (Mittwoch, 25 Oktober 2023 21:04)
Ganz bestimmt eine sehr interessante und schöne Fahrt. Ich erinnere mich noch an die gleiche Strecke von Raguhn nach Aken in den sechziger Jahren mit der damaligen Clubmannschaft. Mit meinem Vater im Boot fuhren wir gegen einen Baumstamm und brachten unseren RZ 85 zum kentern. Aber so kennt ihr mich ja auch. Im nÀchsten Jahr fahre ich da bestimmt mal mit.
Liebe GrĂŒĂe an alle
Martin