von Mathias Döbbert
Steht im Oktober das Abpaddeln an, ist die bange Frage nach dem Wetter nicht unberechtigt. Seit Tagen hatte es gegossen und die Prognosen für die Veranstaltung an diesen Sonnabend Vormittag, den 17.10., schwankten zwischen vielleicht möglich und nahezu ausgeschlossen. Ein dunkler Wolkenteppich empfing am Bootshaus die Optimisten und kurzzeitiger Nieselregen ließ düstere Vorahnungen keimen.
Entsprechend verhalten war die Vorfreude und unserem Bootswart Thomas, standen die Sorgenfalten ins Gesicht geschrieben. Trotzdem wurden die Zweier und Einer klar gemacht. Sitzproben und Fußrasten-Einstellungen gehören nun mal zu einer seriösen Vorbereitung. Pünktlich zu Startbeginn waren alle Boote zu Wasser gelassen und das Feld dieser bunten Kanutengruppe zog sich schnell auseinander.
Immer wieder sammelten sich einige Kajaks zum Pulk. Es wurde pausiert und parliert. Die fröhliche Konversation an Land und zu Wasser , die erzählten Geschichten und das gegenseitige Kennenlernen sind die Zutaten, die eine gemeinsame Ausfahrt des Vereins zum Leckerbissen machen.
Wir passierten Steckby und die Fähre von Breitenhagen. Mit jedem gefahrenen Kilometer verstärkte sich die Gewissheit, dass uns Petrus dieses Mal keinen Strich durch die Rechnung machen würde, wenn auch ein durchgehend wolkenverhangener Himmel sich in Drohgebärde präsentierte Im Grunde gab es aber kein Zurück. Die Fahrzeuge für den Rücktransport standen in Barby bereit, das Essen war bestellt und El Capitano persönlich hielt bereits die Sitzplätze frei in der Fährgaststätte Ronney.
Wir ließen die Paddel kreisen und uns manchmal auch treiben. Auenwaldszenen zogen vorbei. Die Buhnenfelder wechselten sich immer wieder mit geraden Abschnitten ab. Kormorane und Graureiher waren das einzige Publikum und die Herbstfarben der Bäume wollten im trüben Licht nicht strahlen. Eine Schwanenfamilie zog würdig ihre Bahnen und ergriff bei Reiners Annäherung zwecks Porträtierung die Flucht im Gruppenflug. Die Spitzengruppe unserer lockeren Kanukette blieb immer in Blickweite und so erreichte ich mitsamt der Nachhut nur kurz nach den Übrigen zuerst die Saalemündung und danach den Steg oberhalb der Fähre Barby. Hilfreiche Hände unterstützten beim Ausstieg aus unseren teilweise recht schmalen Rennern. Und noch bevor das letzte Kajak aus dem Wasser geborgen ward, wurden die ersten Boote bereits auf den Anhänger verladen. Es wurde gescherzt und allen Teilnehmern war die Erleichterung und Freude anzusehen, dass wir trocken und problemlos unser Ziel erreicht hatten. Möglicherweise schimmerte auch ein bisschen Vorfreude durch auf das zu erwartende gemeinsame Mittagessen. Die Liste der vorab wählbaren Speisen offerierte Gaumenfreuden.
Gern hätte ich einer Forelle "Müllerin Art" zugesprochen, zumal in angenehmer Gesellschaft. Doch Corona hat vieles verändert. Ich tat also, was ich für das Richtige hielt, verabschiedete mich von meine Clubkameraden, wendete "Majak" um 180 Grad und paddelte zurück nach Aken, während der Rest der Truppe die Fähre nach Ronney bestieg.
Nun begann der Buhnenslalom gen Osten. Durch Treibgut stemmte ich mich den einfließenden Wassern der Saale entgegen und passierte alsbald deren Mündung. Hunger ließ mich jedoch nicht weit kommen. Oberhalb des Fährwarnzeichens plünderte ich meinen Packsack, der ein erstaunlich gut schmeckendes Leberwurstbrötchen, eine würzige Knackwurst und eine Thermoskanne nicht mehr allzu heißen Kaffee preisgab. Keine Forelle mit Petersilienkartoffeln, aber immerhin es gab ein Dessert - eine Schokopraline.
Ich umrundete Buhne für Buhne und ließ mich vom Kehrstrom mitnehmen. In Breitenhagen erlebte ich dann eine Enttäuschung. Nicht nur, dass die Anfahrt zur Fähre ein langgezogenes, gerades Ufer darstellte, die Fähre hatte auch ihren Betrieb eingestellt und musste in Strommitte weiträumig umfahren werden. Quasi als Belohnung folgten oberhalb wieder malerische Uferstillleben. Noch dominierte vor mir das düstere Wolkengrau, doch am westlichen Horizont erschienen erste azurblaue Streifen mit schneeweißen Schäfchenwolken. Kilometer um Kilometer und Stunde um Stunde zog die schwermütige Tristesse ab nach Osten. Die Sonne brach sich endlich Bahn und ließ die Bäume und Angerwiesen in bunten Farben erstrahlen.
In Licht getaucht ging mir das Paddeln nun viel leichter von der Hand und ich versuchte immer wieder, die sich mir bietenden Bilder mit der Kamera einzufangen. Zur Dämmerung zeigten sich schließlich Fuchs und Biber und so wurde das Abpaddeln für mich noch eine der schönsten Ausfahrten des Jahres.
Zufrieden erreichte ich am Abend den heimischen Steg und war dankbar, dass mein Sportfreund Reiner am Bootshaus auf mich gewartet hatte und mich in Empfang nahm.
*Fotos made by: Reiner Liebmann, Hubert Meyer und Mathias Döbbert*