von Mathias Döbbert
Nur die empfindliche Morgenkühle auf dem Weg zum Bootshaus lässt das nahende Ende eines Supersommers erahnen. Doch schon am Leipziger Stadthafen angekommen wird klar: Der Sommer wird sich nicht kampflos dem Herbst ergeben.
Von einem postkartenblauen Himmel herab heizt uns Klärchen noch einmal ein und kaum ein Lüftchen trübt die sonnigen Aussichten. Paddelwetter, wie es schöner nicht sein kann, lockt scharenweise Wasserwanderer auf Leipzigs ausgedehnte Wasserstraßen der Weißen Elster.
Unser Treck aus Aken stoppt am Stadthafen und mit der Routine jahrelanger Erfahrung werden die Knoten gelöst, die Gurte gelockert und die Boote flugs abgeladen. Kunterbunt präsentiert sich unsere Armada am Ufer des Hafenbeckens. Ein Kajak ist überzählig. Besser Eins zu viel als Eins zu wenig!
Schnell noch eine Sitzprobe vornehmen und das leichte Gepäck verstauen und schon schwimmen die ersten Kajaks auf dem Elstermühlgraben. Unter der Schreberbrücke gilt es, kurz den Kopf einzuziehen. Wir gleiten durch eine noch immer tiefgrüne Allee und Vergleiche mit dem Spreewald drängen sich auf.
Die Kanäle scheinen bald zu eng für die zahlreichen Hobbykapitäne. Das Geschäft der Bootsvermieter boomt. Paddler jeglicher Couleur wie auch Ausflugsdampfer, Stadtführer auf Kaffeefahrtengleitern und Gondolieri haben einander aufmerksam im Blick.
Wir formieren uns zum Pulk am Elsterbecken und starten in den lichtdurchfluteten Vormittag, die Leipziger Wasserwelten zu genießen. Lang und gerade zieht sich das Elsterbecken durch die grüne Lunge der Innenstadt. Jugendliche Leistungssportler, trainiert und behütet von ihrem Trainer, demonstrieren perfekten olympischen Paddelschlag. Unsere Wagenburgformation löst sich auf zur Perlenkette und wir passieren die Gruppe der zukünftigen Sportelite und erreichen das Elsterflutbett.
Hier teilt sich die Truppe. Die Waghalsigen streben auf der Pleiße der Wasserrutsche entgegen - die Genießer folgen dem Flutbett der Elster. Eine Schleuse hebt die Adrenalinjunkies auf ein höheres Niveau gleich dem Anstieg zum höchsten Punkt der Achterbahn. Mit Gekreische sausen wir anschließend die Fisch- und Kanurutsche hinunter. Am Teilungswehr beim Bootshaus des Leipziger Kanuclubs treffen wir auf die Genießer. Die Boote werden ausgehoben. Am Steg herrscht Gedränge. Nun ist es Zeit für eine Rast und ein Mittagsbrot. Bratwürste und Fischbrötchen munden nach reichlicher Bewegung an frischer Luft und dem Durst wird mit Bier und Brause zu Leibe gerückt. Als auch die letzten Brotdosen geleert sind, starten wir zum Rückweg.
Wer von der Rutsche noch nicht genügend Adrenalin abbekommen hat, schleppt sein Boot zur nahe gelegenen Slalomstrecke und probiert einen Ritt durch die Stangentore und die anschließende Stromschnelle auf der Weißen Elster. Sie führt uns ins Herz der Stadt vorbei an gediegenen Jugendstilvillen und hypermodernen Designer-Apartments aus Glas und Beton. Bauhausstil lässt grüßen. Wir folgen dem kurvenreichen Verlauf bis in ehemalige Industriegebiete, die zu schicken Wohnensembles umgestaltet wurden; die Balkone freitragend über dem Wasser, der Schwimmsteg hinterm Haus anstelle des Parkplatzes.
Ein Abstecher auf den Karl-Heine-Kanal führt uns bis zur Jute-Spinnerei, als uns ein Rückruf des Org-Komitees zur Umkehr veranlasst. Anwohner und Spaziergänger nutzen das Spätsommerwetter für ein Sonnenbad am Ufer und beobachten interessiert die vielen Wassertouristen.
Ein paar letzte Kilometer noch und das Elsterwehr links liegen lassend erreichen wir über den Mühlgraben unseren Ziel- und Ausgangspunkt. Die Boote sind ebenso schnell auf den Anhängern wieder vertäut wie vor fünfeinhalb Stunden entladen. Froh gelaunt ob der gelungenen Ausfahrt besteigen wir die Wagen zur Rückreise. Außer den Fahrern Thomas, Jens, Rudi und Olli dürfen wir Passagiere auf der Heimreise schon mal ein Auge zudrücken. Ob jemand im Traum schon die nächste Leipzig-Fahrt gesehen hat?
*Fotografen: Mathias Döbbert, Kirsten Worms, Jan Eyk Kleske, Thomas Fischer (Video)*
Fred Schröder - Kanuclub Fan und Gastleser (Dienstag, 17 September 2019 16:18)
Von Karl-Heinz und Birgit hatte ich unmittelbar nach der Paddeltour Fotos erhalten. Jetzt habe ich den sehr schönen Artikel dazu gelesen. Beim Lesen und anschauen der Fotos erlebe ich Paddeltour so, als ob ich live dabei war.
Kirsten (Sonntag, 15 September 2019 21:12)
Die Fahrt war wunderschön. Man braucht gar nicht in die weite Welt reisen, wir haben so schöne Ziele in der Nähe. Danke für die schöne humorvolle Zusammenfassung des Tages.
Karl-Heinz und Birgit (Sonntag, 15 September 2019 20:54)
Wir sind begeistert von dem Artikel. Beim Lesen konnten wir die gestrigen wunderschönen Eindrücke noch einmal erleben. Wir freuen uns schon auf die nächste Paddeltour.