Kutterrudern 2019

von Mathias Döbbert

Buntes Treiben herrscht am Bootshaus an diesem Sonnabend, den 22. Juni, wie auf einem Jahrmarkt. Zelte sind errichtet und Aktive in farbenfrohen Mannschaftstrikots belagern Zeltwiesen und Bänke. Aus den Lautsprechern ertönt Unterhaltungsmusik. 

Narrenkappen tauchen im Sichtfeld auf. (Markt)Frauen bieten Kaffee und Kuchen feil und hoffen auf satte Einnahmen. Die Grillfeuer sind entzündet und Würstchenduft sticht einem in die Nase.

Die Sonne schüttet ihre Strahlen über dem Gelände aus. In freudiger Erwartung halte ich nach Clubkameraden Ausschau, denn als Kanuten wollen wir uns heute nicht nur an Speisen und Getränken laben, sondern den Verein bei den Kutterruder-Wettkämpfen vertreten. 

 

Die Kutter liegen am Steg bereit. Allmählich trudeln die Freiwilligen ein. Es bleibt spannend bis zum Startschuss. Werden wir die Decurie aus den eigenen Reihen besetzen können oder müssen wir aus den Besucherreihen rekrutieren - das übliche jährliche Dilemma. Dieses Jahr können wir auf Kunstgriffe verzichten.

Die Erwartungen unter den Teilnehmern sind höchst unterschiedlich: Von "ein wenig Spaß haben" bis zu "Durchlaufzeiten unter 3 Minuten" ist die Rede. Leichte Verwirrung entsteht, als von den 10 T-Shirts der Silberrücken nur 7 auffindbar sind. Wir improvisieren und starten bunt gemischt. Steuergehilfe Paul an der Ruderpinne gibt stolz sein Bestes. Im Kutter, auf dem Weg zum Start, wird mehrfach der richtige Umgang mit den sauschweren Riemen geübt. Vom "Einklemmen" und "sich nach hinten Werfen" ist die Rede, vom "Verkanten" und "Takt halten". Innerhalb kürzester Zeit prallen ein Dutzend Kommandos und Tipps des Bootsführers auf mich ein, dass ich versucht bin, sie mir aufzuschreiben, um nichts zu vergessen. 

 

Das Startkommando erschallt und die Riemen tauchen ins Wasser. Der Ablauf ist noch holprig und die Eleganz der Harmonie stellt sich noch nicht recht ein. Ein Stoß mit dem "Holzknüppel" vom Hintermann trifft mich hart im Rücken. Ist er aus dem Takt oder ich? Doch jammern hilft nicht. Wieder und wieder verschwinden hinten die Riemenblätter im Wasser und tauchen vorn wieder auf. Der schwerfällige Kutter schiebt sich Meter für Meter dem Zielgong entgegen. Die Fahrt gerät zum Härtetest. Dann der erlösende Ton. Am Ufer geht sogleich der Blick zur Ergebnistafel. Über 3 Minuten beim ersten Lauf. Als hätten wir es geahnt. Das lief noch nicht rund genug.

 

Jetzt ist erst einmal Erholung und kulinarische Stärkung angesagt. Fettbemme und Bratwurst, Grillsteak und Blechkuchen wandern über die Tresen. Zeit, das Spektakel zu genießen. Der DJ kommentiert die letzten Rennen vor der Mittagspause mit dünnem Stimmchen.

 

Wir starten einen zweiten Versuch. Unsere unmittelbaren Kontrahenten im Nachbarkutter - die süßen Turboschnecken von Woodward. Das Üben am Vormittag macht sich bemerkbar. Viel flüssiger gleitet nun das Dickschiff durch die Elbeströmung. Nach halber Strecke haben wir bereits eine halbe Bootslänge vor den kämpferischen Damen herausgearbeitet. Da passiert das Missgeschick: Mein Riemen verdreht sich, wird unter Wasser gedrückt und verkeilt sich in der Dolle. Die Fahrt kommt fast zum Erliegen. Mit Hilfe des Bootsführers wird der Riemen schnell befreit. Die Schnecken sind inzwischen an uns vorbeigedüst, doch nicht weit genug, dass wir sie bis zum Ziel nicht wieder eingeholt hätten. Lediglich die Hoffnung auf eine Fahrtzeit unter 3 Minuten ist dahin.

 

Ich deute das Erlebnis trotzdem mal positiv. Das Kutterrudern hat Spaß gemacht, die Stimmung bei diesem Volksfest war toll, der Kampfgeist der Mannschaft bemerkenswert und trotz Panne ist uns sogar die rote Laterne erspart geblieben. Wenn das mal kein "Freiwürstchen" oder "Freibier" wert gewesen wäre?

*Fotografen: Joan Helmer, Reiner Liebmann, Karin Lehr, die Redaktion (Video)*



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