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von Mathias Döbbert
Tag 4: Meißen-Mühlberg
Gut gelaunt verlasen wir die Weinberge Meißens am Morgen. Die Sonne lacht aus vollem Halse. Es weht kein Lüftchen. Prognosen sagen Hitzerekorde und Sommergewitter voraus. Vorkehrungen werden getroffen in Form von Sonnenmilch, T-Shirt Farbe und Trinkvorräten.
Die Elbe empfängt uns still und spiegelglatt. Die Albrechtsburg schwindet im Schulterblick und kaum, dass wir uns warm gepaddelt, erreichen wir an altbekannter Stelle am Ortseingang von Diesbar unseren ersten Pausenplatz. Die nahe gelegene Gaststätte hat zwar geschlossen, zapft aber dennoch das eine oder andere Bier und zwei Cola, auf Pump finanziert. Hinter der nächsten Elbbiegung thront unübersehbar Schloss Hirschstein. Erstmalig im Jahr 968 erwähnt und seit 2013 im Besitz der Gemeinde diente es den Nazis ab 1944 bis Kriegsende als Gefängnis für die belgische Königsfamilie. Nach weiteren vier Kilometern erscheint die Elbkilometrierung 100 und wir wissen: von hier aus sind es noch 176 Kilometer bis nach Hause. Ein Schubverband tastet sich fast unbeladen vorsichtig die Elbe hinauf. Kein einfaches Unterfangen bei Niedrigwasser. Am Horizont erscheinen erstmals Silhouetten moderner Industriearchitektur. Wir erahnen hinter Hochwasserschutzwällen das Chemiewerk Nüchritz. Riesa, bekannt zu DDR-Zeiten für sein Stahl- und Walzwerk mit ehemals bis zu 5.000 Beschäftigten, kommt in Sicht. Das Walzwerk freilich wurde stillgelegt und auch sonst zählt man nur noch 500 Mitarbeiter. Kein Wunder also, dass die Stadt fast menschenleer erscheint. Nur einige Angler und Verliebte und angelnde Verliebte und verliebte Angler finden sich entlang der steinigen Ufer der Vorstadt. Ein kleiner Imbiss sowie ein paar Einkäufe im Einkaufszentrum füllen unsere Mittagspause. Der Fixstern steht hoch im Zenit und vor der Weiterfahrt wird die Sonnencremebeschichtung erneuert. Ab Riesa ändert sich die Flusslandschaft. Deiche prägen das Bild: große Deiche, kleine Deiche, hohe Deiche, flache Deiche, verwilderte und gemähte Deiche, Deiche mit Schafen und schaflose. Vereinzelt Jungfrauen auf den Felsbrocken am Ufer sitzend, fröhlich winkend. Keine von ihnen schien Lorelei zu heißen. Vor der Fähre Strehla tauchen backbord unvermittelt die Flaggen von USA, Deutschland und Russland auf. Von einem Gipfeltreffen Trumps, Putins und Frau Merkel in der sächsischen Provinz war in den Nachrichten nichts verlautbart worden. Eine Gedenktafel klärt auf: Hier trafen Ende April 1945 sowjetische und amerikanische Truppen zusammen. Ein guter Ort für eine weitere Pause. Sechs Kilometer weiter beschert uns ein königlich preußischer/königlich sächsischer Vermessungsfehler den zusätzlichen Elbkilometer 121A. Wir nehmen es gelassen; wird dieser doch in Anhalt hinter Vockerode später wieder abgezogen werden. Ein letztes Aufbäumen für diesen Tag der längsten Etappe und wir erreichen gemeinsam nach 44,7 Kilometern Mühlberg. Wir werden sehr freundlich bei den Ruderern des Vereins Mühlberg e.V. aufgenommen. Die Quartiere werden bezogen und bei herzhaften Speisen, Getränken und Gesprächen klingt der Tag aus. Morgen soll der Wetterfrosch wieder ganz oben auf der Leiter sitzen und unser Sportfreund Uwe zu uns stoßen. Ich bin gespannt.
*Fotos by Mathias Döbbert*
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